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Mittwoch, 15. Juli 2015

Berufsverbots-Opfer rehabilitieren!

Protest gegen Berufsverbote vor dem Landtag in Hannover, November 2012 - Bildrechte: UZ-Archiv

Am 11. März 2015 beschloss die Delegiertenversammlung der IG-Metall-Verwaltungsstelle Frankfurt am Main einstimmig folgenden Antrag an den 23. ordentlichen Gewerkschaftstag der IG Metall:

Die IG Metall fordert, dass in allen Bundesländern umgehend sämtliche Erlasse und Regelungen aufgehoben werden, die im Zusammenhang mit dem Ministerpräsidentenerlass vom 28. Januar 1972 (sogenannter »Radikalenerlass«) erlassen wurden. Gegenüber den von Berufsverbot Betroffenen ist eine entsprechende Entschuldigung vorzunehmen. Sie sind umfassend zu rehabilitieren und gegebenenfalls zu entschädigen. Der Vorstand wird aufgefordert, entsprechende Schritte bei den Bundesländern und Bundesbehörden einzufordern.

Der sogenannte »Radikalenerlass« wurde 1972 von den Ministerpräsidenten der Länder gemeinsam mit dem Bundeskanzler (Willy Brandt, SPD – Anm. d. Red.) beschlossen. Zur Abwehr von angeblichen »Verfassungsfeinden« sollten »Personen, die nicht die Gewähr bieten, jederzeit für die freiheitlich‐demokratische Grundordnung einzutreten«, aus dem Öffentlichen Dienst ferngehalten bzw. entlassen werden.

Mithilfe der sogenannten »Regelanfrage« wurden etwa 3,5 Millionen Bewerberinnen und Bewerber vom Verfassungsschutz auf ihre politische »Zuverlässigkeit« durchleuchtet. In der Folge kam es zu rund 11.000 Berufsverbots‐ und 2.200 Disziplinarverfahren, 1.250 Ablehnungen von Bewerbungen und 265 Entlassungen.

Tausenden von Lehrerinnen und Lehrern, Sozialarbeiterinnen und Sozialarbeitern, Briefträgern, Lokführern und in der Rechtspflege Tätigen wurde auf diese Weise die berufliche Perspektive genommen. Der Erlass diente nicht nur der Einschüchterung von aktiven Linken, sondern führte auch zur Einschränkung von Grundrechten wie der Meinungs‐ und Organisationsfreiheit, zu Duckmäusertum und zur Vernichtung vieler Existenzen. (…)

Ende der 80er Jahre zogen die sozialdemokratisch geführten Bundesländer Konsequenzen aus dem von Willy Brandt später selbst eingeräumten »größten Irrtum« und schafften die Erlasse ab. (…)

Die Berufsverbotepraxis stellt einen Verstoß gegen die »Charta der Grundrechte der Europäischen Union« von 2010 dar. Sie verstößt gegen die EU‐Antidiskriminierungsrichtlinie zur Schaffung eines allgemeinen Rahmens für die Verwirklichung der Gleichbehandlung vom 27.11.2000 ‐ 2000/78/EG und deren deutsche Umsetzung, das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG) von 2006. (…)

Gegen antikommunistische Repression wehren! Zur aktuellen Repression gegen die Verwendung des Logos der Freien Deutschen Jugend.



Gemeinsame Erklärung der Deutschen Kommunistischen Partei (DKP) und der Sozialistischen Arbeiterjugend (SDAJ)

Zur aktuellen Repression gegen die Verwendung des Logos der Freien Deutschen Jugend

Polizei und Staatsanwaltschaft in München gehen seit Monaten verstärkt und willkürlich gegen Jugendliche vor, die sich mit dem Logo der historischen Freien Deutschen Jugend zeigen. In Berufung auf das westdeutsche Verbot der FDJ in den 1950er-Jahren fanden Hausdurchsuchungen und Festnahmen statt. Nun kommt es vor dem Münchner Amtsgericht zu mehreren Prozessen. Die aktuelle Repression zielt nicht auf einzelne, sondern richtet sich gegen alle fortschrittlichen und demokratischen Kräfte.

Die FDJ gründete sich während der Zeit des deutschen Faschismus unter Jugendlichen im Exil. Zehntausende Jugendliche kämpften ab dem Kriegsende bis in die fünfziger-Jahre in der Bundesrepublik mit der Freien Deutschen Jugend gegen Militarisierung, Faschismus und Monopolmacht. Die Bonner Adenauer-Regierung duldete im Rahmen der Wiederbewaffnung keinen Widerstand und ging mit allen Mitteln gegen die FDJ vor. Sie fürchtete die Trägerinnen und Träger der Blauhemden, weil sie für ein demokratisches und entmilitarisiertes Deutschland eintraten. Verbot der Organisation, Verbot der Aktionen (u.a. eine Volksbefragung gegen die Wiederbewaffnung), Verfolgung der Mitglieder. Ein trauriger Höhepunkt war der Mord an dem Münchner Jugendlichen Philipp Müller durch die westdeutsche Polizei. 1954 bestätigte das Bundesverwaltungsgericht das Verbot.

Herbert Mies erklärt aus aktuellem Anlass: „Antimilitaristinnen und Antimilitaristen, Antifaschistinnen und Antifaschisten, Sozialistinnen und Sozialisten, Kommunistinnen und Kommunisten, wir haben uns unsere Organisationen nicht von diesem Staat vorschreiben zu lassen. Damals wie heute fordern wir, dass die antikommunistischen Verbote der FDJ und der KPD aufgehoben werden. Wir fordern die Einstellung der Prozesse gegen die Blauhemden mit dem Symbol der aufgehenden Sonne. Die Blauhemden sind ein Teil der deutschen Geschichte. Wir fordern Freiheit und Entschädigung für alle Opfer von politischer Repression!“ Herbert Mies, geb. 1929, war Vorsitzender der verbotenen westdeutschen FDJ und wurde mehrfach inhaftiert. Von 1973 bis 1990 war er Vorsitzender der DKP.

Essen, 20. Juli 2015

Mittwoch, 8. Juli 2015

Wir trauern um Hans Canjé



Am Montag, dem 06. Juli 2015, ist nach schwerer Krankheit und doch unerwartet, Hans Canjé im Alter von 85 Jahren in Berlin verstorben.

Hans hat die Arbeit der Initiativgruppe zur Rehabilitierung der Opfer des kalten Krieges von Anbeginn begleitet und für die Aufhebung des KPD-Verbots von 1956 gestritten.
Insbesondere schrieb er, unter seinem Pseudonym Hans Daniel, zahlreiche Artikel in den Zeitungen junge Welt, Neues Deutschland und Unsere Zeit um auf das Anliegen der Initiativgruppe aufmerksam zu machen. Zuletzt im Januar schrieb er für uns eine Rezension über die Buchvorstellung "Im kalten Krieg" von Helmut Duffner.


Hans war stets optimistisch aber konsequent im Kampf für Gerechtigkeit, gegen Faschismus sowie für eine bessere und friedliche Welt.


Besonders engagiert war Hans Canjé auch im Verein der Kämpfer und Freunde der Spanischen Republik 1936-1939 e.V. (KFSR). Wir übermitteln unseren Freunden unsere herzliche Anteilnahme zum Verlust ihres treuen Mitstreiters und werden sein Andenken in Ehren halten.