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Montag, 24. November 2014

Aktuelles Buch: "Im Kalten Krieg" von Helmut Duffner



Im Kalten Krieg - Szenen an Rhein und Ruhr

Mit diesem Buch hat Helmut Duffner eine Arbeit vorgelegt, die ein Stück Zeitgeschichte widerspiegelt.
Er hat wenig kommentiert, sondern mit Auszügen aus der Rheinischen Post und der Westdeutschen Allgemeinen aus den Jahren 1950 bis Ende des Jahres 1963 belegt, wie der Kalte Krieg in der Bundesrepublik geschürt wurde.
Dabei hat er vor allem seine engere Heimat Moers und Duisburg im Blick gehabt. Auch wenn er sein Buch mit dem jungen Abgeordneten des NRW-Landtags Jupp Angenfort beginnt, bleibt er nicht bei der FDJ stehen, sondern zeigt auf, welche umfassende Wirkung der Antikommunismus erreichte und dem Beispiel der USA getreu folgte.

Duffner gehörte nicht der KPD bzw. gehört nicht der DKP an, er war auch ein kritischer Begleiter der FDJ. Manche Zeitungsmeldung erscheint fast unglaublich. Hätte ich nicht ähnliche Meldungen in den hannoverschen Tageszeitungen gelesen, wären mir Zweifel gekommen. Doch Helmut Duffner hat hier nichts erfunden, sondern Meldungen zitiert, die in allen Regionen ähnlich zu lesen waren. 
Auf Seite 114 wird der Bundesinnenminister Dr. Schröder (ehemaliger SA-Mann P.Dü.) zitiert. Laut Rheinische Post verbreitete Schröder die Lüge, dass auf niemanden nach dem KPD-Verbot eine Hetzjagd ausgeführt wird, niemand solle ohne Not seinen Arbeitsplatz verlieren. Es bestehe nur ein Interesse die Hauptfunktionäre zu erfassen. 

Auf meine Anfrage beim niedersächsischen Innenministerium wurde mir 1992 mitgeteilt, daß seit 1956 Informationen über mich gesammelt würden. (Da war ich, P.Dü., 17 Jahre alt.) Einsehen konnte ich die Akten allerdings nicht, aber es werde weiter gesammelt. Zwar nicht mehr zur Person, sondern nur allgemein. Ich ging davon aus, dass nicht mehr an meiner Wäsche geschnüffelt wurde, sondern meine öffentlichen Äußerungen registriert wurden. Auch kann ich beschwören, dass ich 1956 kein Hauptfunktionär war. Zu der Zeit war ich Lehrling bei Siemens, IG Metall Jugendvertrauensmann und aktiv in der Naturfreundejugend.


Helmut Duffner führt auch aus wie weit das Feld der „Hauptfunktionäre“ abgesteckt war und nennt die christliche Pazifistin Dr. Klara–Maria Faßbinder und Schauspielerin Hanne Hiob. Ebenso Gertrud Schröter aus Celle, und Elfriede Kautz aus Hannover, die 1961 zu einer Gefängnisstrafe verurteilt waren, weil sie Kinderferienfahrten organisiert hatten. Das wurde ihnen nicht nur als Arbeit für die verbotene KPD und den aufgelösten DFD (Demokratischer Frauenbund in Westdeutschland) ausgelegt, sondern ihnen wurde Landesverrat unterstellt, weil sie auch mit Kindern in die DDR gefahren waren und deren Personalien angegeben hatten.

Duffner würdigt auch Strafverteidiger, wie Dr. Gustav Heinemann, Dr. Diether Posser und Dr, Heinrich Hannover. Die Liste ließe sich noch verlängern, denn es gab auch noch andere demokratische Juristen, die dem Blödsinn der „Kommunisten-Verfolgung“ widerstanden. Ein lesenswertes Buch, das zum Weiterlesen der Quellen- und Literaturnachweise anregt.

Eine kleine Korrektur an dem Buch sollte vorgenommen werden: Die Initiative zur Rehabilitierung der Opfer des Kalten Krieges ist nicht im Spätherbst 1989 gegründet worden, sondern im September 1988 und trat in Düsseldorf an die Öffentlichkeit. 

Peter Dürrbeck


Zu bestellen ist das Buch postalisch für 7,50 EUR zzgl. 2,50 EUR Versand bei: 
IROKK, Hoffnungstr. 18, 45127 Essen oder per internet: irokkinfo@arcor.de



Samstag, 22. November 2014

Stellungnahme der Initiative zur Rehabilitierung der Opfer des Kalten Krieges (IROKK)



Am Freitag, den 14. November befasste sich der Sprecherkreis der Initiative mit unseren Aktivitäten im Jahre 2014.


Im Mittelpunkt stand dabei die Übergabe der über 3000 Unterschriften zur Aufhebung des KPD-Verbots an den Petitionsausschuß des Deutschen Bundestages.

Der Sprecherkreis der Initiative hatte ergänzend zur Unterschriftensammlung eine Erklärung unter der Überschrift: „Das KPD- Verbotsurteil und die Demokratie sind unvereinbar“ herausgegeben, die er als Material auch der Vorsitzenden des Petitionsausschusses, Kerstin Steinke (Die Linke) übergab. Bei der Übergabe durch Peter Dürrbeck (IROKK) und den Vorsitzenden der VVN- BdA Prof. Heinrich Fink an Frau Steinke im Gebäude des Deutschen Bundestags erläuterte Prof. Heinrich Fink, warum die VVN- BdA sich daran beteiligte und Peter Dürrbeck verwies auf die vorangegangenen Eingaben an den Bundestag und die Gespräche mit Abgeordneten des Niedersächsischen Landtags, sowie die Stellungnahmen von niedersächsischen Minister/innen in Gesprächen mit Opfern des Kalten Krieges.


Frau Steinke versprach, dem Ausschuss zu berichten. Der Ausschuss lehnte jedoch umgehend und ohne Prüfung mehrheitlich eine inhaltliche Befassung mit dem Thema ab, worauf die Fraktion des „Die Linke“ in einer Fragestunde des Bundestagestages nachhakte. Alles in allem wurde immer wieder hervorgehoben, dass der Bundestag das Verbotsurteil nicht aufheben könne. Die Möglichkeit eines Parlamentsbeschlusses auf Überprüfung des Verbotsantrag durch das Bundesverfassungsgericht und die Hinweise darauf, dass das Verbotsurteil unter Eindruck des Kalten Krieges gefällt wurde, wird von der Parlamentsmehrheit rundweg abgelehnt.


Die ausdrücklich im KPD-Verbotsurteil genannte Möglichkeit zur Überprüfung des Urteils bei der Wiedervereinigung wird völlig ignoriert, da die ostdeutschen Bundesländerländer ja der Bundesrepublik beigetreten seien und vorher keine gesamtdeutschen Wahlen stattfanden, zu denen dann die KPD hätte zugelassen werden müssen. Mit dieser Begründung wurde bekanntlich auch Diskussion um eine gesamtdeutsche Verfassung abgelehnt.

Bei einer solchen Haltung wird auch die Aufarbeitung der Geschichte  der Bundesrepublik verhindert und die Auseinandersetzung mit Funktionsträgern des NS-Regimes, vor allem in Justizorganen, Polizei  und Bundeswehr vermieden. Immer wieder stoßen neuere Forschungen von Historikern auf eklatante Verletzungen durch Politiker und Funktionsträger bei der Gründung der Bundesrepublik, die ihre Vergangenheit leugneten und ihre Willfährigkeit beim Einsatz von Zwangsarbeitern und der Enteignung jüdischem, polnischem und tschechischen Eigentum vertuschten.


Ein Sprecher der Initiativgruppe: "Wir haben immer wieder deutlich  gesagt, das der juristische Weg nur eine Möglichkeit ist und wir keine  Gnade wollen, sondern es muss ein gesellschaftliches Umdenken erfolgen, um neues Unrecht zu verhindern."


Im weiteren Verlauf unserer Sitzung wurde festgestellt, dass es auch  in diesem Jahr weitere Veranstaltungen gab, in denen Verfolgte aus der Zeit des Kalten Krieges als Zeitzeugen auftraten, und verwiesen wurde  auf die Zusammenarbeit mit den  „Kindern des Widerstands“, von denen  viele, so sie in der „alten“ Bundesrepublik groß geworden sind, die doppelte Verfolgung ihrer Eltern erlebten. IROKK betonte die weitere Zusammenarbeit und würden begrüßen, wenn auch in mehreren Bundesländern solche Gruppen entstehen.


Die Initiativen der Opfer der Berufsverbote, ihre Anliegen erneut an die Öffentlichkeit und die Landesparlamente heranzutragen, werden von der IROKK begrüßt. Unter den Berufsverbote-Opfern sind auch eine Reihe  von Kindern von Nazi-Verfolgten und Verfolgten aus der Zeit des Kalten Krieges. Mit den Gruppen zur Rehabilitierung der Berufsverbotsopfer und den „Kindern des Widerstandes" will die IROKK im Jahr 2015 verstärkt zusammenarbeiten. Ihnen soll das umfangreiche Archiv über die Verfolgungen im Kalten Krieg zur Verfügung stehen, dass IROKK aufgebaut hat.

Peter Dürrbeck - Ulli Sander - Andreas Maluga


Donnerstag, 20. November 2014

Antikommunismus ohne Verfallsdatum



von Ulla Jelpke in Ossietzky Nr.16/2014

Geht es nach der Bundesregierung, dann dauert der Kalte Krieg bis in alle Ewigkeit fort. Das wurde jetzt in einer Antwort auf eine Kleine Anfrage der Linksfraktion zur »Aufarbeitung der Berufsverbote und Aufhebung des KPD-Verbots« deutlich.

Am 19. Mai 2014 hatten der Vorsitzende der Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes (VVN-BdA), Heinrich Fink, und Peter Dürrbeck von der Initiativgruppe für die Rehabilitierung der Opfer des Kalten Krieges dem Petitionsausschuß des Bundestages eine von mehr als 3000 Personen unterzeichnete Petition zur Aufhebung des Verbotsurteils gegen die Kommunistische Partei Deutschlands aus dem Jahr 1956 vorgelegt. Das KPD-Verbot sei ein mit einer Demokratie unvereinbares Relikt des Kalten Krieges, das sich gegen Antifaschisten richte, argumentierten die Einreicher der Petition. Das vom Bundesverfassungsgericht ausgesprochene Parteiverbot gegenüber der KPD wirke »ohne zeitliche Grenze als Feststellung der Verfassungswidrigkeit mit der Folge der Auflösung der KPD und des Verbots von Ersatzorganisationen«, erklärt die Bundesregierung unter Berufung auf Artikel 21 Absatz 2 des Grundgesetzes in Verbindung mit Paragraph 46 des Bundesverfassungsgerichtsgesetzes. »Eine Aufhebung des Parteiverbots beziehungsweise ein Wiederaufnahmeverfahren ist im Bundesverfassungsgerichtsgesetz nicht vorgesehen.« Sollte der Petitionsausschuß dieser Rechtsauffassung der Bundesregierung folgen, muß das Verbot weiterbestehen.

Auf die Frage, inwieweit die im Jahr 1956 – zur Hochzeit des Kalten Krieges und der Teilung Deutschlands – benannten Verbotsgründe weiterhin für gültig erachtet werden, verweigert die Bundesregierung unter Verweis auf die Unabhängigkeit der Richter die Antwort. Auch zu möglichen Gefahren für die freiheitlich-demokratische Grundordnung, die ein Festhalten am KPD-Verbot rechtfertigen könnten, will sich die Regierung nicht äußern. Sie nehme »weder zu einer Verfassungsfeindlichkeit einer nicht mehr existenten Partei noch zu hypothetischen, zukünftigen Sachverhalten Stellung«, so die Antwort der Regierung. Ganz so hypothetisch scheint die Frage allerdings nicht zu sein. Schließlich ermittelte das Bundeskriminalamt im vergangenen Jahr in zwei nicht näher aus-geführten Fällen im Zusammenhang mit dem KPD-Verbot.

Aufgrund des KPD-Verbots leiteten Staatsanwälte in den 50er und 60er Jahren bis zu 200.000 Ermittlungsverfahren ein, es erfolgten zwischen 7000 und 10.000 Verurteilungen. Zahlreiche in den Verdacht kommunistischer Aktivität geratene Menschen verloren – auch durch Denunziationen des Verfassungsschutzes – ohne Verurteilung ihre Arbeitsplätze. Mit der Feststellung, sie sehe keine Veranlassung, das KPD-Verbotsurteil in Frage zu stellen, verweigert die Bundesregierung die Antwort auf die Frage, ob infolge des KPD-Verbots Unrecht geschehen sei und welche Möglichkeiten für eine Rehabilitierung dieser Opfer des Kalten Krieges beständen.

Wissen wollte die Linksfraktion auch, in welchen EU-Mitgliedsstaaten vergleichbare Verbote kommunistischer Parteien bestanden oder noch bestehen. Doch will die Bundesregierung »keine verwertbaren Erkenntnisse« besitzen. Bereits eine schnelle Internetrecherche hätte hier geschichtlichen Nachhilfeunterricht leisten können. Zum Zeitpunkt des KPD-Verbots waren in Europa kommunistische Parteien nur in den damals noch nicht der Europäischen Gemeinschaft angehörenden faschistischen Diktaturen von Franco in Spanien und António Oliveira Salazar in Portugal verboten. Nach dem Sturz der Diktaturen wurden die kommunistischen Parteien in diesen Ländern wieder legalisiert und spielen bis heute eine Rolle in der nationalen Politik. Nach dem Militärputsch 1967 mußten auch die griechischen Kommunisten eine Zeitlang in den Untergrund gehen. Heute sind kommunistische Parteien in einer Reihe ost- und südosteuropäischer Staaten als Nachfolgeorganisationen der ehemaligen Staatsparteien verboten oder Verfolgung ausgesetzt.

Zwar wurde 1968 mit der Deutschen Kommunistischen Partei (DKP) wieder eine kommunistische Partei in der Bundesrepublik zugelassen. Doch mit dem sogenannten Radikalenerlaß durch eine Ministerpräsidentenkonferenz unter Vorsitz von Bundeskanzler Willy Brandt (SPD) am 28. Januar 1972 wurde deren Mitgliedern ebenso wie zahlreichen anderen Aktivisten der radikalen Linken eine Anstellung im Öffentlichen Dienst verwehrt. Rund 3,5 Millionen Anwärter für den Öffentlichen Dienst wurden fortan vom Verfassungsschutz auf ihre politische Zuverlässigkeit überprüft, es erfolgten 11.000 offizielle Berufsverbote, 2200 Disziplinarverfahren, 1250 Ablehnungen von Bewerbungen und 265 Entlassungen aus dem Öffentlichen Dienst. Für viele Betroffene ergeben sich heute erhebliche finanzielle Nachteile bei der Rentenzahlung, da sie ihren erlernten Beruf etwa als Lehrer nicht oder lange Zeit nicht ausüben durften.

1979 wurden die Regelanfragen beim Geheimdienst auf Bundesebene und später auch von den Ländern eingestellt. Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte in Straßburg verurteilte am 26. September 1995 im Falle Dorothea Vogt, daß der Radikalenerlaß gegen die Menschenrechte der Meinungs- und Koalitionsfreiheit sowie das Prinzip der Verhältnismäßigkeit verstoße. Altbundeskanzler Willy Brandt bezeichnete den von ihm mitgetragenen Radikalenerlaß als »Irrtum« und erklärte es zum »demokratisch-rechtsstaatlichen Gebot«, die »negativen Folgen des einstigen Ministerpräsidentenbeschlusses zu bereinigen«.

Eine Vorreiterrolle spielt hier der Niedersächsische Landtag. Dort wurde am 15. Mai 2014 mit den Stimmen der oppositionellen CDU und FDP ein von der rot-grünen Regierungskoalition eingebrachter Antrag auf Einsetzung einer Kommission zur Aufarbeitung der Schicksale der von Berufsverboten betroffenen Personen und der Möglichkeit ihrer Rehabilitierung beschlossen. »Statt Zivilcourage und politisches Engagement zu fördern, wurde Duckmäusertum erzeugt und Einschüchterung praktiziert«, heißt es in dem Antrag zu den Folgen des Radikalenerlasses. Doch für die schwarz-rote Bundesregierung ist die niedersächsische Initiative kein Anlaß, ihre bisherige Haltung zu überdenken. Die Einsetzung einer entsprechenden Kommission auf Bundesebene sei nicht geplant, heißt es in der Antwort auf die Anfrage der Linksfraktion. Auch an den Grundsätzen für die Prüfung der Verfassungstreue, die dem Staat bis heute die Möglichkeit von Berufsverboten bietet, will sie weiter festhalten. Das KPD-Verbot und die Berufsverbotsoption bleiben damit auch in Zukunft Instrumente einer präventiven Konterrevolution gegen sozialen Protest.

Dienstag, 18. November 2014

Gruppe "Kinder des Widerstandes" trafen sich in der antifaschistischen Begegnungsstätte "Haus Heideruh"



Klara Tuchscherer. Tochter der Düsseldorfer Widerstandskämpfer Klara und Karl Schabrod, hat sich vor einiger Zeit gemeinsam mit drei weiteren Töchtern antifaschistischer Widerstandskämpfer mit dem Appell „Hinterbliebene von NS-Opfern fordern ihr Recht“ an die Öffentlichkeit gewandt. Die Bundeskonferenz der VVN-BdA 2011 griff diesen Appell auf und beschloß, Treffen der Angehörigen der 2. und 3. Generation der Opfer von NS-Verfolgung zu veranstalten. 

In den Landesverbänden der VVN-BdA wurde diese Anregung unterschiedlich aufgenommen. In Sachsen und Berlin sowie Hamburg trafen sich die ca. 50- bis 75-jährigen Antifaschistinnen und Antifaschisten, von denen zwar manche als Kind Krieg und Verfolgung der Eltern noch miterlebt haben, aber vor allem in der Nachkriegszeit erlebten, was es heißt Kind eines oder einer Verfolgten zu sein. In Nordrhein-Westfalen entstand sogar eine Gruppe, die sich regelmäßig in Wuppertal im Landesbüro der VVN-BdA trifft und sich den Namen „Kinder des Widerstandes“ gab. 

Rund 30 „Kinder“ haben sich der Gruppe angeschlossen. Bundesweit stimmten ca. hundert Antifaschisten der Erklärung von Alice Czyborra, Klara Tuchscherer (Schabrod), Traute Sander (Burmester) und Inge Trambowsky (Kutz) zu. 

Am 10. bis 12. Oktober traf sich diese Gruppe mit Angehörigen der 2. und 3. Generation aus der gesamten Republik im Haus Heideruh in Buchholz/Niedersachsen. Während die „Kinder des Widerstandes“ aus bürgerlichen Elternhäusern in Medien durchaus Beachtung fanden, so in Filmen über den 20. Juli, war dies anders, wenn die Kinder aus dem Arbeitermilieu kamen – noch dazu aus linken und kommunistischen Familien. Traute Sander: „Die um 1930 Geborenen litten unter den Maßnahmen, die gegen ihre Eltern ergriffen wurden. Viele kamen in NS-Familien zur ‚Umerziehung’ oder wurden in den Schulen und in Heimen diskriminiert.“

Alice Czyborra, Tochter von Ettie und Peter Gingold. sagt: „Ich selber konnte nur überleben, weil mich in Frankreich mutige Menschen als jüdisches Kind versteckten, während meine Eltern sich der Résistance anschlossen.“  Ihre Schwester Silvia, ergänzt: „Nach dem Krieg wurde unserer Familie als ehemalige Emigranten viele Jahre die deutsche Staatsbürgerschaft verwehrt. Mit dem Kalten Krieg waren unsere Familien ja erneut von Verfolgung betroffen. Ich wurde mit Berufsverbot belegt und noch vor wenigen Wochen wurde bekannt, daß der hessische Verfassungsschutz ein Dossier über mich angelegt und teilweise in hetzerischer Form gegen mich veröffentlicht hat.“ 

In vielen europäischen Ländern gibt es Organisationen der „Kinder des Holocaust“. Bei uns gab es so was bisher noch nicht. Christa Bröcher aus Duisburg sagt: „Das wollen wir ändern. Zum Beispiel wollen wir erreichen, daß dem Arbeiterwiderstand und jenen Widerstandskämpferinnen und Widerstandskämpfern sowie NS-Opfern, die auch nach 1945 wieder verfolgt wurden, mindesten eine Gedenkstätte gewidmet wird. Und daß sie in den Medien überhaupt vorkommen.“

Peter Dürrbeck, der in den sechziger Jahren eingesperrt wurde, weil er gegen die Inhaftierung seiner Mutter Hertha Dürrbeck, eine Widerstandskämpferin aus Niedersachsen, öffentlich protestierte, stellte fest: „Man kann sagen, daß wir Opfer des Kalten Krieges sind. Man muß sich mal die Situation in jener Zeit vorstellen, in der viele von uns Kinder und Jugendliche waren. In der Bundesrepublik konnten Eliten der Nazizeit aus Wirtschaft, Militär und dem Staats- und Terrorapparat des Naziregimes, darunter Justiz, Gesundheitswesen, Polizei und Geheimdienste wieder tätig werden, Einfluß nehmen und dabei weiterhin gegen Antifaschisten vorgehen. Sie bekamen hohe Pensionen, während unseren Eltern oft die Entschädigung entzogen wurde. Das ist nie aufgeklärt worden.“ Peter Dürrbeck ist Aktivist der Initiativgruppe für die Rehabilitierung der Opfer des Kalten Krieges, die mit den „Kindern
des Widerstandes“ eng zusammenarbeitet. Er weist darauf hin, daß Organisationsverbote zur Bestrafung der Widerstandskämpferinnen und –kämpfer führten, während Naziorganisationen wie die NPD sich ungehindert entfalten konnten. Berufsverbote wurden gegen die Kinder von Antifaschisten ausgesprochen. „Und unser Versammlungsrecht wurde eingeschränkt.“

Ulli Sander (Auszüge aus einem Artikel der UZ)

Mittwoch, 11. Juni 2014

Antikommunistische Kontinuität - Petition zur Aufhebung des KPD-Verbots im Bundestag zurückgewiesen



von Hans Daniel in Tageszeitung junge Welt 11.06.2014

Eine Lektion in Staatsbürgerkunde wurden Peter Dürrbeck, Mitglied im Sprecherkreis der Initiative für die Rehabilitierung der Opfer des Kalten Krieges (IROKK), und dem Vorsitzenden der Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes – Bund der Antifaschisten (VVN-BdA), Heinrich Fink, am Vorabend des 65. Jahrestages der Verkündung des Grundgesetzes zuteil. 

Sie überreichten am 19. Mai der Vorsitzenden des Petitionsausschusses des Bundestages, Kersten Steinke (Die Linke), eine Petition mit dem Titel: »Das KPD-Verbotsurteil und die Demokratie sind unvereinbar«. 3000 Unterstützer hatten das Anliegen unterschrieben.
Der 18. Deutsche Bundestag wird darin aufgefordert, Schritte einzuleiten, um das KPD-Verbotsurteil vom 17. August 1956 aufzuheben, »weil es als Begründung für ungerechtfertigte politische Verfolgungen und Diskriminierungen diente und bis heute nachwirkt«. Nach dem Ende des Kalten Kriegs und fast ein Vierteljahrhundert nach dem Ende der DDR sei es an der Zeit und längst überfällig. Steinke sagte zu, das Anliegen im Ausschuß zur Behandlung vorzulegen.

Die KPD hatte im Widerstand gegen den deutschen Faschismus große Opfer gebracht und wurde einmal mehr auf dem Höhepunkt des Antikommunismus nach 1945 verboten. Ihre Mitglieder wurden durch eine erneut installierte politische Sondergerichtsbarkeit verfolgt und verurteilt. In Folge des Verbots sind etwa 250000 Ermittlungsverfahren eingeleitet und rund 10000 Verurteilungen zu Zuchthaus- und Gefängnisstrafen wegen des Verstoßes gegen das Verbot verhängt worden.

Die dem Petitionsausschuß übergebene IROKK-Erklärung verweist auf die neue Publikation »Staatsschutz in Westdeutschland – Von der Entnazifizierung bis zur Extremistenabwehr« des Historikers Dominik Rigoll. Der Autor nennt das Verbotsurteil ein »Relikt des Kalten Krieges«, geschuldet vor allem dem Einfluß von Nazis in staatlichen Stellen. Sie konnten mit dem Urteil ihre Verfolgung von Antifaschisten aus der Zeit vor 1945 fortsetzen. In dieser Kontinuität sah der langjährige Vorsitzende der VVN-BdA die Verpflichtung seines Verbandes, die Petition zu unterstützen. 
Er verwies darauf, daß nicht wenige der wegen des Verstoßes gegen das KPD Verbot Verurteilten Mitglieder der VVN waren. Sie waren in den Jahren der faschistischen Herrschaft jahrelang in Zuchthäusern und Konzentrationslager inhaftiert. Exemplarisch nennt Fink den langjährigen nordrhein-westfälischen KPD-Landtagsabgeordneten Karl Schabrod. Von den 147 Monaten und acht Tagen, die das »Dritte Reich« gedauert hat, war der Antifaschist 143 Monate eingekerkert – überwiegend im Zuchthaus. Nach dem Verbot der KPD 1956 wurde er zweimal zu insgesamt 29 Monaten Haft verurteilt, weil er als unabhängiger Kandidat zu Land- und Bundestagswahlen antrat. Der Vorwurf lautet auf »Staatsgefährdung« und »Rädelsführerschaft« in einer verbotenen Organisation. Neben einer Gefängnisstrafe wurde ihm sein Status als Verfolgter des Faschismus aberkannt, und er erhielt Berufsverbot als Journalist. 

Am 23. Mai feierte der Bundestag die »bisher beste Verfassung in der deutschen Geschichte«. Einen Tag zuvor und nur drei Tage nach Einreichen war die Antwort auf die Petition bereits zurückgeschickt. Darin wird mitgeteilt: Die beantragte Überprüfung des Urteil sei »dem Bundestag wegen Dreiteilung der Staatsgewalt und der Unabhängigkeit der Richter nicht möglich«. Weiter heißt es in dem Schreiben, daß die Eingabe damit »abschließend beantwortet« sei.

Mittwoch, 21. Mai 2014

Petition am 19.05.2014 offiziell übergeben : KPD- Verbotsurteil von 1956 aufheben.


Am 19. 05. 2014 übergaben Prof. Heinrich Fink, Vorsitzender der VVN-BdA und Peter Dürrbeck, Mitglied im Sprecherkreis der Initiativgruppe für die Rehabilitierung der Opfer des kalten Krieges (IROKK) über 3000 Unterschriften an den Petitionsausschuss des Deutschen Bundestages.
Die Vorsitzende des Ausschuss Kerstin Steinke (Partei die Linke) empfing Heinrich Fink und Peter Dürrbeck im Bundestagsgebäude. Prof. Heinrich Fink und Peter Dürrbeck erläuterten die Erklärung des Sprecherkreises der IROKK vom Januar 2014 mit dem Titel: Das KPD- Verbotsurteil und die Demokratie sind unvereinbar.
Heinrich Fink betonte, dass der Bundesausschuss der VVN- BdA sich dieser Erklärung anschliesst und die Forderungen unterstützt.
Frau Kerstin Steinke war die Problematik bekannt und sie versprach das Anliegen im Ausschuss vorzutragen und dafür zu plädieren, dass eine Debatte dazu im Parlament stattfindet.

In der Erklärung der IROKK heisst es unter anderem:
„Mehr als 40 Jahre nach dem Ende des Kalten Krieges und fast ein viertel Jahrhundert nach dem Ende der DDR ist es höchste Zeit, 'das unsägliche Urteil aus dem Jahr 1956 aufzuheben'.
Neue Untersuchungen, darunter das Buch von Dominik Rigoll 'Staatsschutz in Westdeutschland' weisen nach, dass das KPD- Urteil ein Relikt des Kalten Krieges ist und vor allem dem Einfluss von NS-Persönlichkeiten in staatlichen Stellen geschuldet ist, die mit dem Urteil ihre Verfolgungen von Antifaschistinnen und Antifaschisten aus der Zeit vor 1945 fortsetzen konnten“
In diesem Zusammenhang wird darauf verwiesen, dass mit der sog. Extremismusklausel antifaschistische und demokratische Initiativen, besonders aus der Jugend, drangsaliert werden, z.B. wenn sie öffentliche Gelder beantragen.
Verwiesen wird auch auf die Berufsverbote, die tausenden jungen Menschen die Perspektiven raubten. Die Opfer dieser Praxis sind ebenfalls nicht rehabilitiert worden.

Peter Dürrbeck verwies im weiteren Gespräch auf die Entschließungen des niedersächsischen Landtages und einen Empfang für die Opfer des Kalten Krieges aus Niedersachsen durch den ehemaligen Landtagspräsidenten Prof. Wernstedt, Justizminister Prof. Dr. Pfeiffer und den Wissenschaftsminister Thomas Oppermann, sowie weiterer Landtagsabgeortneten. Er übergab Kerstin Steinke als Hintergrundmaterial die Rede Prof. Pfeiffers bei dem Empfang und weiteres Material in diesem Zusammenhang.

21.Mai 2014

Für die Initiativgruppe

Peter Dürrbeck  

Freitag, 31. Januar 2014

Wir trauern um unsere Genossin Rosemarie Stiffel


Wir trauern um unsere Genossin Rosemarie Stiffel,
Mitglied des Bezirksvorstandes Ruhr-Westfalen.

Rosie, wie wir sie nannten, starb nach längerer Krankheit im Alter von 84 Jahren.
Sie war ihr ganzes Leben lang eine politisch denkende und konsequent handelnde Genossin. Schon als junges Mädchen engagierte sie sich, wurde aktiv und gründete mit anderen jungen Menschen die FDJ in Gelsenkirchen. Bereits mit 17 Jahren wurde sie Mitglied der KPD.
Nach ihrer Ausbildung arbeitete sie in der Landesleitung der KPD in Düsseldorf als Sekretärin. Auch das Verbot der FDJ und später der KPD konnten sie nicht vom politischen Kampf abhalten. Ihr Einsatz in der Bewegung gegen die Remilitarisierung der BRD wurde von der Adenauer-Justiz verfolgt. Sie wurde zu einer hohen Gefängnisstrafe verurteilt.
Rosie ließ sich nicht einschüchtern. Sie blieb Marxistin und setzte sich weiter unermüdlich ein für Frieden, Demokratie und Sozialismus.
Mit ihrem Ehemann und Genossen Karl Stiffel kämpfte  sie fast 60 Jahre gemeinsam durch alle Wirren der Zeit für ihre Ideale.
Für die Familie Stiffel war es selbstverständlich, bis ins hohe Alter, an allen Ostermärschen Ruhr und vielen anderen Friedensaktivitäten teilzunehmen.
Rosie gehörte zu der mutigen Gruppe Kommunisten, die 1968 die DKP konstituierten. Sie erhielt immer wieder das Vertrauen ihrer Genossinnen und Genossen als Kreisvorsitzende von Moers und später von Wesel. Ihr besonderes Anliegen war es, die Interessen von Frauen zu vertreten. Als Vorsitzende eines Bergarbeiterkreises wurde sie Mitglied des Parteivorstandes, dem sie 20 Jahre angehörte. Sie war eine anerkannte Persönlichkeit in vielen Bündnissen, aber auch in ihrer Gewerkschaft IGM. Bis zuletzt gehörte sie dort dem Seniorenausschuss an.
Der Zusammenbruch der sozialistischen Staaten schmerzte sie sehr, dennoch ließ sie sich nicht entmutigen.
Sie stellte weiterhin ihre ganze Kraft dem Kreis Wesel und dem Bezirksvorstand Ruhr-Westfalen zur Verfügung. 15 Jahre war sie stellvertretene Bezirksvorsitzende, Mitglied im Arbeitskreis Wirtschaft & Sozialpolitik und Leiterin des Arbeitskreises Seniorenpolitik im Bezirk.  Rosie machte sich vor keiner Arbeit bange, Sie war die Seele unserer Organisationspolitik im Bezirk. Im Hause der Partei war sie dafür bekannt, interessierten Menschen unsere Politik beharrlich und geduldig zu erklären.
Solidarität war ihr Markenzeichen. So warb sie für die DKP-Projekte auf Cuba. Engagiert unterstützte sie 2006/2007 den Kampf der 3300 BenQ-Siemenskollegen gegen die Schließung ihres Werkes in Kamp-Lintfort.
Ein großes Anliegen war es für sie, sich einzusetzen gegen die Verfolgung von Erich Honecker, Heinz Kessler, Mischa Wolf und vielen anderen. Leider konnte sie ihren sehnlichsten Wunsch nicht mehr verwirklichen am Liebknecht-Luxemburg Treffen in Berlin  teilzunehmen und auch das UZ Pressefest vorzubereiten.

Rosie wird uns fehlen. Wir werden sie als eine aussergewöhnliche Genossin  in guter Erinnerung behalten. Wir wünschen ihrem Sohn Götz viel Kraft für die kommende Zeit.

Wir verabschieden uns von Rosie mit dem Bergmannsgruß
„Glückauf zur letzten Fahrt“

DKP Kreis Wesel
Bezirk Ruhr-Westfalen
Parteivorstand der DKP
IROKK ( Initiative zur Rehabilitierung der Opfer des Kalten Krieges)
SDAJ Ruhr-Westfalen

Im Sinne von Rosie bitten wir statt Blumen und Kränze um eine Spende für den Kommunalwahlkampf der DKP Ruhr-Westfalen.
Sparkasse Essen Stichwort „ Rosie Stiffel- Kommunal 2014“ BLZ 36050105 Kto. 5011317

Die Trauerfeier für Rosie findet am Samstag, d. 8. Februar um 11 Uhr auf dem Friedhof Kapellen, Friedhofstraße
in 47447 Moers-Kapellen statt