Bild von der Trauerfeier in Seelze am 28. Juli 2006 |
Erinnerung an Kurt Baumgarte zum 100. Geburtstag. Der Kommunist und Widerstandskämpfer gehört zu den »vergessenen Justizopfern des Kalten Krieges«
Von Hans Daniel, in junge Welt 18.04.2012
Aber wer weiß noch, daß es auch in der alten Bundesrepublik eine politische Justiz gegeben hat, die den Kalten Krieg im Gerichtssaal geführt und Menschen um ihre Freiheit, ihren Beruf, ihre Renten, mit einem Wort um ihr Lebensglück gebracht hat, weil ihre politische Gesinnung nicht in die antikommunistische ausgerichtete formierte Gesellschaft paßte?« So beginnt Heinrich Hannover, Rechtsanwalt und Verteidiger nicht weniger Bundesbürger, die in den Jahren von 1951 bis 1968 mit Verfahren belegt wurden, sein Vorwort zur Streitschrift seines Kollegen Rolf Gössner über »Die vergessenen Justizopfer des Kalten Krieges«. (Aufbau Taschenbuch Verlag 1998) Unter den rund 10000 Bundesbürgern, die durch die Politische Sonderstrafkammer zu Zuchthaus und Gefängnisstrafen verurteilt worden sind, nimmt der am 22. April 1912 in Braunschweig geborene Graphiker Kurt Baumgarte einen ganz besonderen Platz ein.
Er gehörte zu jenen Opfern, die, um noch einmal Heinrich Hannover zu zitieren, »nach einer der schäbigsten Gesetzesvorschriften, die man sich in Bonn ausgedacht hat«, den Paragraphen 6 des Bundesentschädigungsgesetzes, sogar Rentenansprüche verloren haben, »die ihnen als Wiedergutmachung für das in Gefängnissen, Zuchthäusern und Konzentrationslager des Hitler-Staates erlittene Unrecht zugesprochen worden waren.«
Im Februar 1935 war Baumgarte als Mitglied der KPD verhaftet worden. Am 3. April 1936 verurteilte ihn der »Volksgerichtshof«, wegen »Vorbereitung eines hochverräterischen Unternehmens« zu 15 Jahren Zuchthaus. Es folgten zehn Jahre Isolationshaft, unter anderem im Zuchthaus Waldheim. »Kaum nach zehnjähriger KZ- und Folterhaft befreit, ging er 1945 wieder zur KPD, wurde sogar von den Engländern in den ersten niedersächsischen Landtag delegiert«, notierte der Hamburger Spiegel über den »gefährlichen Mann mit der falschen Gesinnung«, der am 13. März 1966 zu zwei Jahren Gefängnis sowie drei Jahren Aberkennung der Bekleidung öffentlicher Ämter und Wählbarkeit verurteilt worden war. Diesmal »wegen Rädelsführerschaft in Tateinheit mit Geheimbündelei in verfassungsfeindlicher Absicht. Eine Rente, die ihm als Nazi-Verfolgten zugestanden hätte, bekam der Staatsfeind nicht.«
Weil nicht erwartet werden könne, »daß der Verurteilte in Zukunft ein gesetzmäßiges und geordnetes Leben führen« werde, wurde eine vorzeitige Haftentlassung von der 4. Strafkammer des Landgerichts Lüneburg abgelehnt. Denn der »engagierte Parteigänger der verbotenen KPD« habe sich seit seinem 14. Lebensjahr aktiv für die KPD betätigt – »unterbrochen durch die Inhaftierung in Zuchthäusern und Konzentrationslager von 1936 bis 1945 auf Grund eines Urteils des von den nationalsozialistischen Machthabern errichteten Volksgerichtshofes.« Damit stand dem Wiederholungstäter Baumgarte auch keine Rente als Opfer des Faschismus zu. Im Februar 1991 verweigerte das niedersächsische Innenministerium erneut die Zahlung der Opferrente – wiederum unter Verweis auf die Anklage der faschistischen Justiz und die »düstere« Vergangenheit Baumgartes: »Ein Anspruch auf Entschädigung nach dem BEG (Bundesentschädigungsgesetz) steht ihm dagegen nicht zu. Herr Baumgarte wurde sofort nach 1945 wieder Funktionär der KPD.«
Kurt Baumgarte starb am 21. Juli 2006. Rehabilitiert wurde er nicht. Der »Rechtsstaat« hielt ihn noch bis in hohe Alter unter Kontrolle. Der Landesverfassungsschutz bestätigte ihm am 5. März 1992 vorliegende »umfangreiche Erkenntnisse«. Einen Anspruch auf Akteneinsicht bekam er nicht. Dem damals 82jährige Verfassungsfeind auf Lebenszeit wurde jedoch versichert: »Die einschlägigen Vorgänge werden fortgesetzt.«
Er gehörte zu jenen Opfern, die, um noch einmal Heinrich Hannover zu zitieren, »nach einer der schäbigsten Gesetzesvorschriften, die man sich in Bonn ausgedacht hat«, den Paragraphen 6 des Bundesentschädigungsgesetzes, sogar Rentenansprüche verloren haben, »die ihnen als Wiedergutmachung für das in Gefängnissen, Zuchthäusern und Konzentrationslager des Hitler-Staates erlittene Unrecht zugesprochen worden waren.«
Im Februar 1935 war Baumgarte als Mitglied der KPD verhaftet worden. Am 3. April 1936 verurteilte ihn der »Volksgerichtshof«, wegen »Vorbereitung eines hochverräterischen Unternehmens« zu 15 Jahren Zuchthaus. Es folgten zehn Jahre Isolationshaft, unter anderem im Zuchthaus Waldheim. »Kaum nach zehnjähriger KZ- und Folterhaft befreit, ging er 1945 wieder zur KPD, wurde sogar von den Engländern in den ersten niedersächsischen Landtag delegiert«, notierte der Hamburger Spiegel über den »gefährlichen Mann mit der falschen Gesinnung«, der am 13. März 1966 zu zwei Jahren Gefängnis sowie drei Jahren Aberkennung der Bekleidung öffentlicher Ämter und Wählbarkeit verurteilt worden war. Diesmal »wegen Rädelsführerschaft in Tateinheit mit Geheimbündelei in verfassungsfeindlicher Absicht. Eine Rente, die ihm als Nazi-Verfolgten zugestanden hätte, bekam der Staatsfeind nicht.«
Weil nicht erwartet werden könne, »daß der Verurteilte in Zukunft ein gesetzmäßiges und geordnetes Leben führen« werde, wurde eine vorzeitige Haftentlassung von der 4. Strafkammer des Landgerichts Lüneburg abgelehnt. Denn der »engagierte Parteigänger der verbotenen KPD« habe sich seit seinem 14. Lebensjahr aktiv für die KPD betätigt – »unterbrochen durch die Inhaftierung in Zuchthäusern und Konzentrationslager von 1936 bis 1945 auf Grund eines Urteils des von den nationalsozialistischen Machthabern errichteten Volksgerichtshofes.« Damit stand dem Wiederholungstäter Baumgarte auch keine Rente als Opfer des Faschismus zu. Im Februar 1991 verweigerte das niedersächsische Innenministerium erneut die Zahlung der Opferrente – wiederum unter Verweis auf die Anklage der faschistischen Justiz und die »düstere« Vergangenheit Baumgartes: »Ein Anspruch auf Entschädigung nach dem BEG (Bundesentschädigungsgesetz) steht ihm dagegen nicht zu. Herr Baumgarte wurde sofort nach 1945 wieder Funktionär der KPD.«
Kurt Baumgarte starb am 21. Juli 2006. Rehabilitiert wurde er nicht. Der »Rechtsstaat« hielt ihn noch bis in hohe Alter unter Kontrolle. Der Landesverfassungsschutz bestätigte ihm am 5. März 1992 vorliegende »umfangreiche Erkenntnisse«. Einen Anspruch auf Akteneinsicht bekam er nicht. Dem damals 82jährige Verfassungsfeind auf Lebenszeit wurde jedoch versichert: »Die einschlägigen Vorgänge werden fortgesetzt.«
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